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Victoria Rotering - Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin

"Im SPZ habe ich mich als "kleine Detektivin" verstanden, die gemeinsam mit Kindern und Eltern einen Schlüssel sucht."

In unserem Interview beantwortet Victoria Rotering spannende Fragen rund um ihre Facharztausbildung im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) Königsborn. Sie teilt ihre Erfahrungen mit den gebotenen Weiterbildungsoptionen und den Chancen, die sich daraus ergeben. Sie erzählt außerdem über ihre Erlebnisse, gewonnene Erkenntnisse und den Alltag im SPZ.


Frau Rotering, Sie haben Ihre Facharztausbildung für Kinder- und Jugendmedizin im SPZ absolviert. Was hat Ihnen besonders gefallen?

"Besonders schätze ich an der Arbeit im SPZ, dass ausreichend Zeit für eine ausführliche Lebensanamnese bleibt. Das sorgte bei mir für eine hohe Arbeitszufriedenheit. Ich hatte das Gefühl, den Kindern und Eltern gerecht werden zu können. Die Unterstützung und Entwicklungsförderung der schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft ist für mich sinnstiftend. Dagegen erschweren in der Akutpädiatrie die zeitliche Verknappung die Aus- und Weiterbildung. Es gibt ein hohes Patientenaufkommen mit akutem Therapiebedarf, verkürzte Aufenthaltszeiten und ein zusätzlich erheblich zunehmender Dokumentationsaufwand."

Wie konnten Sie den Eltern helfen?

"Im SPZ habe ich mich als "kleine Detektivin" verstanden, die gemeinsam mit Kindern und Eltern einen Schlüssel sucht. Der Schlüssel symbolisiert das Verständnis und Mitgefühl der Familien für ihre eigene Lebensgeschichte. Das Mitgefühl für die eigene Geschichte war den Familien auf ihrem Lebensweg verloren gegangen. Mit diesem wieder gefundenen Schlüssel konnte ich den Familien helfen, wieder Zugang zur Schatztruhe der eigenen Ressourcen zu erhalten. Neben dieser emotionalen Begleitung helfen wir den Familien als Sozialpädiater:innen auch, indem wir die Unterstützung mit den entsprechenden Ämtern des Sozialstaates koordinieren."

Mit welchen Krankheitsbildern hatten Sie hier zu tun und was haben Sie fachlich als anspruchsvoll herausfordernd erlebt?

"Das ist ein weiterer Pluspunkt für die Sozialpädiatrie. Die Krankheitsbilder reichen von emotionalen, psychosozialen über genetische, perinatale, Stoffwechsel-, bis hin zu neurologischen Erkrankungen. Zu diesen genannten Beeinträchtigungen kommen erschwerend weitere entwicklungsgefährdende Faktoren, schwierige soziale Verhältnisse und widrige Umstände der vorgestellten Patienten hinzu. Daher sind die Fragestellungen, Aufgaben, Erkrankungen und Familien abwechslungsreich, immer verschieden und komplex. Die Schicksale berühren das Herz und erfordern Mitdenken und fachliche Expertise.

Die Komplexität ergibt sich in der Sozialpädiatrie - anders als in der Akutpädiatrie - dadurch, dass wir nicht nur die somatische Erkrankung im Fokus haben. Daher ist die Sozialpädiatrie auch keine "weichgespülte", sondern eher eine "detektivische" und vor allem herausfordernde und vorausschauende Kindermedizin. Denn genauso wichtig wie somatische Therapie ist die Integration der psycho- und sozialen Dimensionen. Das macht die Zusammenarbeit im interdisziplinären Team mit verschiedenen Fachgruppen nötig. Die Anwendung der AWMF Leitlinien mit Grundlage des Altöttinger Papiers in der alltäglichen Arbeit bildet dabei die Basis für die Arbeit und Fachlichkeit von allen involvierten Therapeuten. Das Zusammenspiel im Team gelingt durch des aufeinander Hörens und Wertschätzung der anderen, sodass für die Kinder und Familien eine optimale Hilfestellung in allen Bereichen erzielt wird."

Welche Vorteile und Chancen sehen Sie durch die Ausbildung in der Sozialpädiatrie?

"Die Inhalte der neuen Weiterbildungsordnung (WOB) enthalten viele Abschnitte, die gut im SPZ erlernt werden können. Viele junge Kollegen/innen haben das SPZ aber gar nicht als Ausbildungsort auf "dem Schirm". Insbesondere wissen viele Kollegen/innen nicht, welche Vorteile ihnen die Ausbildung dort bietet: Nicht nur inhaltlich mit Blick auf die neue WOB und auf die Vielfältigkeit der zu betreuenden Erkrankungen, sondern gerade auch mit Blick auf die "Work-Life-Balance".

Die Kinderheilkunde und gerade auch die Sozialpädiatrie lebt vom Nachwuchs. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, dass Nachwuchs-Kinder- und Jugend-Ärzt:innen, aber auch angehende Allgemeinmediziner:innen, im Rahmen der Ausbildung ins SPZ rotieren, um hier die Unterstützung und Integration der Kinder mit Förderungspotenzial zu stärken. Daher werbe ich sehr für die Möglichkeit, am Ende der Ausbildung die Chance zu nutzen, um die Sozialpädiatrie in ihrer Vielschichtigkeit kennenzulernen und dies mit Blick auf die neue WOB auch als festen Rotationsbestandteil der kinder- und jugendärztlichen Ausbildung zu etablieren."

Was ist rückblickend Ihr Fazit zu der Zeit im SPZ?

"Für mich war eine sehr wertvolle Erkenntnis das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell nicht nur in der Theorie zu kennen, sondern tagtäglich mit Faszination in den Familien auch erleben zu können: Psyche und Soma beeinflussen sich wechselseitig und die Erkrankung des Kindes (ob primär somatisch oder primär psychisch) stellt häufig einen wichtigen Stabilisator für das Familiensystem dar. Die Erkrankung oder "das Problem" des Kindes scheint eine schlüssige Konsequenz der Lebensumstände zu sein. Mit dem Verständnis für die Funktion der Erkrankung in diesem System, wird das Verhalten der Kinder nachvollziehbar und kontext-adäquat. Mir persönlich hat die Facharztausbildung im SPZ fachlich und menschlich sehr viel gebracht!"


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